„Danke, Sigi!“
Alle Anträge gingen einstimmig durch: Fast, als wollten die Aktionäre dem scheidenden Vorstandvorsitzenden, Siegfried „Sigi“ Menz, ein Abschiedsgeschenk machen.
Die 34. ordentliche Hauptversammlung der Ottakringer Getränke AG stand ganz im Zeichen der Verabschiedung des Vorstandsvorsitzenden: Siegfried „Sigi“ Menz schied – wie angekündigt – mit 1. Juli 2018 aus dem Vorstand aus, bleibt aber dem Unternehmen als Aufsichtsrat erhalten. Menz blickt auf sagenhafte 39 Jahre im Konzern zurück (wo gibt’s das heute noch?), davon gestaltete er 24 Jahre im Vorstand, den er wiederum 19 Jahre anführte.
Aufsichtsratsvorsitzende Christiane Wenckheim fand würdige wie liebenswerte Worte zum Abschied, sie strich etwa heraus, dass unter Menz’ Ägide die Brauereiaktien von der Brau Union zurückgekauft wurden, und Menz auch den Börsegang der Ottakringer Getränke AG organisierte: „Wir sind stolz, dein Lebenswerk weiterführen zu dürfen“, so Wenckheim, die „Sigi“ schmeichelte: „Ich freue mich auf dich im Aufsichtsrat: Wir werden viel Spaß haben … “, um noch einen draufzusetzen: „ … und viel Bier trinken“.
„Prost, Sigi!“
Rührig war ein Verabschiedungsvideo, Mitarbeiter erinnerten sich darin an ihren ehemaligen Chef – und an seine legendären Bonmots, etwa: „Des kann ja net so schwer sein!“, und „Jeder Tag ohne Ottakringer ist ein Gesundheitsrisiko!“. Der Einspieler gipfelte in einem herzhaften Ausruf der versammelten Ottakringer-Mannschaft: „Prost, Sigi!“ Menz selbst bedankte sich bei seinen Mitarbeitern, „die mich ertragen mussten“, und wies in seiner Abschiedsrede auf sein großes literarisch-philosophisches Interesse hin. Dabei zitierte er aus Elfriede Gerstls Gedichtband „mein papierener garten“: „manche kommen aus dem staunen nicht heraus / manche nie hinein“. Und so wünschte sich Menz schlussendlich, dass, „unser Familienunternehmen die Verhältnisse nicht immer nur in Prosa erlebt, sondern diese vielmehr auch etwas Schwebendes, Leichtes, etwas durch und durch Erfrischen des bekommen“. Menz übergab sein Vorstandsmandat in der Ottakringer Getränke AG an den bis-herigen Vöslauer-Vorstand Alfred Hudler, der gemeinsam mit Doris Krejcarek fürderhin die Geschicke des Konzerns bestimmen wird.
Birgit Aichinger, langjährige Marketing- und Vertriebs-Leiterin bei Vöslauer, folgt Hudler beim Ottakringer-Tochterunternehmen Vöslauer Mineralwasser AG. Neben ihr bleibt Herbert Schlossnikl Vorstand der Vöslauer. Und Johann Marihart und Herbert Werner wurden von der Hauptversammlung als Aufsichtsräte des Familienkonzerns verlängert.
„Stolz, dabei zu sein“
Die Generaldebatte war von Harmonie geprägt, selbst Rupert-Heinrich Staller gab sich handzahm: „Es ist ein Privileg, bei dieser Aktiengesellschaft dabei zu sein.“ Und: „Wir können uns bei Sigi bedanken!“ Mit dem Zusammenschluss der zum Konzern gehörenden Getränkefachgroßhändler Kolarik & Leeb und Del Fabro entsteht in Simmering ein Logistikzentrum: Staller regte an, doch einen Aktionärs-Tag anlässlich der für 2019 geplanten Eröffnung zu veranstalten. Das Podium signalisierte diesbezüglich Zustimmung – die Aktionäre freute es.
Einstimmigkeit als Abschiedsgeschenk
Bei den Abstimmungen machte kein einziger Aktionär Anstalten, seiner Contra-Meinung per Handhebung Ausdruck zu verleihen – was sicher als Abschiedsgeschenk für Menz verstanden werden muss. Ad freiwilliges öffentliches Teilangebot: Die Ottakringer Getränke AG strebte den Erwerb von bis zu 190.000 auf Inhaber lautende Stammaktien an. Dafür wurde je Stammaktie 100 Euro ex Dividende 2017 geboten.
Sowohl für die Vorzugs- als auch für die Stammaktien wurde eine 2-Euro-Dividende beschlossen, zuzüglich einer Jubiläumsdividende von 2 Euro/Stück, somit insgesamt 4 Euro/Aktie. Die dankbaren Aktionäre quittierten das mit kräftigem Applaus, im Anschluss labte man sich am deftigen Wiener- Küche-Büffet, dargereicht am Gerstenboden der Brauerei. Die „familiäre Vertrautheit“ unter Vorstand, Aufsichtsrat und Aktionären, die schon den offiziellen Teil bestimmte, wuchs sich im Laufe des Nachmittags zu punktuellen „prickelnden Momenten der Hochstimmung“ aus, insgesamt war diese sehr erfrischend – und jedenfalls eine würdige Verabschiedung für Menz.
Autor: Mag. Rudolf Preyer (redaktion@boersen-kurier.at)