Hausse an der Wall Street geht weiter
Eine nachhaltige Trendwende am US-Aktienmarkt machen Experten derzeit nicht aus. Bis es zu einer Pause bzw. Korrektur kommen wird, sei allerdings nur eine Frage der Zeit.
Das von nicht wenigen Beobachtern seit längerem angekündigte Ende der Hausse an der New Yorker Wall Street lässt weiter auf sich warten. Bekanntlich erreichte der S&P 500 erst im August einen neuen Höchststand. Seitdem steht fest: der seit 2009 andauernde Bullenmarkt ist der längste der Geschichte. Eine nachhaltige Trendwende machen Experten dennoch nicht aus. Im Gegenteil: der Aufschwung könnte sich durchaus noch eine Weile fortsetzen.
„Das fundamentale Umfeld ist in den USA weiterhin gut“, sagt Andreas Rieger, Manager des „ESPA Stock Global“, gegenüber dem Börsen-Kurier. Vor allem die Unternehmensgewinne würden sich sehr gut entwickeln. Tatsächlich sind die Gewinne der US-Firmen im zweiten Quartal um starke 25 % gestiegen. „Natürlich spielt in diesem Zusammenhang auch die Steuerreform der Trump-Regierung eine Rolle“, so Rieger. Nachsatz: „Aber auch ohne diesen Effekt wären die Vorsteuergewinne um
13 % gestiegen.“
Dass der US-Aktienmarkt mittlerweile extrem teuer bewertet ist, findet der ESPA-Experte im Übrigen nicht. Er verweist darauf, dass der Markt auf Basis der geschriebenen Gewinne aktuell mit einem KGV von 16,8 x bewertet ist. Das liege nur um 10 % über dem langfristigen Durchschnitt von 15 x. „Die Bewertung sehe ich nicht als alleinigen Auslöser einer Korrektur“, sagt er. In die gleiche Kerbe schlägt auch Gernot Schrotter, Manager des „Kepler US Aktienfonds“: „Wegen der Unternehmensgewinne und der makroökonomischen Großwetterlage ist die Bewertung des Marktes kein Hindernis.“
Zu den größten Risiken für den US-Aktienmarkt gehört für Experten der aktuelle Handelskonflikt – auch wenn die Unternehmen selbst davon bislang nur wenig betroffen wären. „Allerdings hat sich in den letzten Wochen in Conference Calls anlässlich der Ergebnisse für das zweite Quartal gezeigt, dass der Handelskonflikt für sie ein großes Thema ist“, so Schrotter. Früher oder später könnte er sich in den Zahlen widerspiegeln. Ein weiteres Risiko stellt für den Fondsmanager eine zu restriktive Zinspolitik der Fed dar. Er glaube aber nicht, dass die Fed die Zinsen zu schnell anheben werde. Außerdem sei der Markt mittlerweile darauf vorbereitet. „Die Hausse könnte bei normaler Wetterlage noch weiterlaufen“, so Rieger. Allerdings müsse es früher oder später zu einer Pause bzw. Korrektur kommen.
„Wir haben den Fonds zuletzt etwas ausgewogener aufgestellt und defensive Werte hinzugefügt“, erklärt Rieger. So habe man etwa im Techsektor in den vergangenen Wochen Gewinne mitgenommen. Nichtsdestoweniger bleibe er ein wichtiger Treiber des Marktes und sei maßgeblich verantwortlich für das Plus von 7,4 %, das der S&P 500 seit Jahresbeginn verzeichnet hat. Der Experte räumt zwar ein, dass bestimmte Nischen im Technologieuniversum zuletzt heiß gelaufen und teuer bewertet wären. „Schaut man sich aber große Werte wie Microsoft, Alphabet, Visa oder Mastercard an, so kann man nicht von Blasen-Bewertungen sprechen“, so Rieger.
Schrotter bleibt auch im aktuellen Umfeld seiner Strategie treu. „Wir orientieren uns stark an den Bewertungen“, sagt er. Daher würden sich derzeit Unternehmen wie Amazon oder Netflix auch nicht im Portfolio befinden. Gleichzeitig gilt der Fokus weiterhin Playern mit einem stabilen Geschäftsverlauf, die keine großen Gewinnsprünge verzeichnen. Im vergangenen Herbst habe man das Portfolio umgestellt und die Volatilität in den Vordergrund gestellt. Mit dem Minimum-Varianz-Ansatz sei man sehr gut gefahren. „Dementsprechend haben wir uns auf Aktien wie AT&T, Visa, Pepsi oder Procter & Gamble konzentriert.“
Autor: Mag. Patrick Baldia (redaktion@boersen-kurier.at)