Erholung des Einzelhandels verlangsamt sich

Der stationäre Handel verliert in der Corona-Zeit Kunden, gekauft wird immer mehr im Netz.

Michael Kordovsky. Die Einzelhandelsumsätze in den USA stiegen gegenüber dem Vormonat im Mai und Juni um jeweils 18,3 bzw. 8,4 %. Doch im Juli lag der Zuwachs mit 1,2 % bereits unter den Erwartungen der Volkswirte von 2 %. Ebenfalls für eine Enttäuschung sorgten die Einzelhandelsumsätze in China, während in Europa der gleiche Trend zu beobachten ist. Die starke Erholungsdynamik ist somit vorbei.

Das Absatzvolumen im Euroraum ist im Mai gegenüber April um 20,3 % gestiegen ehe im Juni eine Verlangsamung auf 5,7 % folgte. Wesentlich aussagekräftiger ist die Statistik auf Jahresbasis. Noch in den Monaten März, April und Mai gab es Einbrüche im Ausmaß von je 8,2; 19,4 bzw. 3,1 % ehe im Juni wieder ein Zuwachs um 1,3 % erfolgte. Das war der erste Zuwachs seit Feber. Allerdings lässt die Steigerungsdynamik auch schon wieder langsam nach.

Divergierende Spartenentwicklung
Interessant ist auch die Absatzbetrachtung nach Bereichen: Aufgrund der Hamsterkäufe im März antizyklisch verhält sich dabei auf Jahressicht die Absatzentwicklung im Bereich „Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren“, wo 9,1 % Zuwachs im März, 2,1 % im April und 5,6 % im Mai nur noch 1,2 % im Juni gegenüberstanden. Der Bereich „Elektrische Geräte und Möbel“ drehte bereits im Mai von -38,1 % auf +3,1 % und setzte sein Wachstum mit 2,6 % im Juni fort. Besonders hart erwischt hat es den Bereich „Textilien, Bekleidung und Schuhe“, der auf Jahresbasis in den ersten sechs Monaten gegenüber dem Vorjahresniveau in jedem Monat schrumpfte. Am Höhepunkt der Kontraktion im Euroraum (April) lag dort das Minus bereits bei 80,5 %. Im Juni liegt die Schrumpfung gegenüber dem Vorjahresmonat noch immer bei 27,3 %. Und: Die massive Fokussierung auf Corona führte sogar zu einem rückläufigen Absatz bei pharmazeutischen und medizinischen Produkten.

Während in Deutschland und Österreich der verabsäumte Konsum nachgeholt wird, was Einzelhandelsabsatzsteigerungen von je 6,6 bzw. 6,5 % im Mai bzw. 3,2 bzw. 2,2 % im Juni zeigen, erlitten zuletzt Spanien, Italien und Portugal auffallend starke Rückgänge um je 4,4; 5,2 bzw. 6,3 %.

Online-Handel boomt
Wegen der eingeschränkten Mobilität und dem Trend zu mehr Online- und Telekonferenzen brachen die Absatzzahlen für Motorenkraftstoffe an den Tankstellen im April und Mai um je 47,8 bzw. 27,2 % ein, und im Juni lag der Rückgang auf Jahresbasis noch immer bei 13,6 %. Auf der anderen Seite boomt der Online-Handel wie nie zuvor. Während städtische Einkaufszentren für Besucher an Attraktivität verlieren, geht der Trend immer mehr zum Rückzug in die eigenen vier Wände und damit einhergehend explodieren die Online-Bestellungen. Lag der jährliche Zuwachs des Absatzvolumens im Versand- und Interneteinzelhandel im März mit 9,5% noch im „normalen Rahmen“, so explodierte der Zuwachs im April und Mai im Euroraum auf je 24,7 bzw. 34,8 % und auch im Juni bleibt ein Hoher Wert von 23,7 %.

Corona hat den Onlinehandel für neue Kundengruppen schmackhaft gemacht, die nun ihrer neuen Angewohnheit treu bleiben – zum Leidwesen des stationären Einzelhandels aber zum Vorteil der Online-Stores. Das hat auch entsprechende Auswirkungen auf die Börsenkurse diverser Online-Händler.

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