Bitcoin wieder in aller Munde

Experten sehen langfristiges Potenzial, warnen aber auch vor hohen Risiken.

Patrick Baldia. Die aktuellen Bitcoin-Kursprognosen einiger Analysten wirken wie nicht von dieser Welt. So rechnet etwa Simon Peters von eToro bis Ende 2021 mit einem Kurs zwischen 70.000 und 150.000 USD. Thomas Fitzpatrick, leitender Analyst bei der US-Citibank, glaubt, dass der Bitcoin bis Ende Dezember sogar auf 318.000 USD ansteigen könnte. Und die Experten von JP Morgan gehen „langfristig“ von einem Preis von 146.000 USD aus. Kurz vor Redaktionsschluss am Montag notierte der Bitcoin bei etwas mehr als 30.000 USD.

„Wenn sich nur annähernd wiederholt, was 2017 und während der letzten Aufwärtszyklen passiert ist, sind wir noch lange nicht am Ende der Preisbewegung angelangt“, hält Bitpanda-CEO Paul Klanschek fest. Für die starke Kursentwicklung vor allem in der zweiten Hälfte des Vorjahres, die in einem Gesamtjahresplus von 300 % mündete, macht er unter anderem institutionelle Investoren verantwortlich. Ein prominentes Beispiel war der Zahldienst PayPal, der seine US-Kunden nun Bitcoin und andere Kryptowährungen handeln und aufbewahren lässt. Limitierte Assets wie der Bitcoin würden aber auch von Sorgen um die Folgen der coronabedingten Ausweitung der Geldmenge – Stichwort: Inflationsgefahr – profitieren.

„Auf Basis der gängigen Bewertungsmodelle, Stock to Flow und NVT Ratio (Network Value to Transaction Ratio, Anm.), deuten die jüngsten Preisanstiege nicht auf eine Überhitzung hin“, meint Manuel Schleifer, Finanzmarktstratege bei Raiffeisen Research, gegenüber dem Börsen-Kurier. Vielmehr würden sie eine faire Bewertung suggerieren. Daher wären auch Preisziele um die 100.000 USD nicht unrealistisch.

„Das Problem ist allerdings, dass eine Bewertungskennzahl nur so gut ist wie das zugrundeliegende Modell“, hält Schleifer fest. Und das Stock-to-Flow-Modell würde nun einmal wichtige Parameter wie etwa politische und rechtliche Einschränkungen ebenso wie makroökonomische Rahmenbedingungen und nachfrageseitige Effekte ausklammern.

„Verfolgt man eine andere Sichtweise und schaut sich etwa das Marktsentiment an, so deutet der Ansturm auf den Bitcoin auf eine Überhitzung hin“, so Schleifer weiter. Dafür spreche auch der Fear- and-Greed-Index (misst die Angst und Gier an den Märkten, Anm.), der sich seit längerem auf einem sehr hohen Niveau (aktuell: 88) befinde. Kurz- und mittelfristig suggeriere das eine größere Korrektur. In charttechnischer Hinsicht zeige sich, dass sehr viel positive News eingepreist sei. Nachsatz: „In historischer Hinsicht ist das kein gutes Zeichen.“

Schleifer spricht dem Bitcoin langfristig aber durchaus Potenzial zu. Dahinter stehe nicht zuletzt das im Bitcoin-Protokoll auf 21 Mio Stück begrenzte Angebot. „Der Preis wird allerdings nur dann nachhaltig steigen, wenn auch die Nachfrage steigt oder zumindest gleichbleibt“, so Schleifer. Auch wenn sich der Bitcoin nicht für jedermann eigne, könne er für langfristig orientierte Anleger, die das hohe Risiko und die hohe Volatilität von 85 % pro Jahr tragen könnten, durchaus interessant sein. Er verweist auf die geringe Korrelation mit anderen Assetklassen.

Ein Einstieg könne etwa über einen Ansparplan bereits mit geringen Beträgen erfolgen. Unterm Strich bekomme man so einen besseren Einstiegskurs. Da Experten auch andere gute Kryptowährungen ausmachen, die sich am Markt noch nicht durchgesetzt haben – wie etwa Ethereum oder Litecoin – könnte es sinnvoll sein, ein Investment zu diversifizieren. Dazu bieten sich einschlägige Indizes an.

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