Emissionsflut der Unternehmensanleihen gibt zu denken
Zu Jahresbeginn werden hohe Volumina an Schuldverschreibungen platziert. Ein mögliches Endstadium einer Periode extrem niedriger Marktzinsen giert noch einmal nach Kapital.
Eine Reihe namhafter europäischer Konzerne wittert momentan offenbar ein letztes Fenster, sich eine historisch günstige Finanzierungsmöglichkeit zu sichern. Die Anleihen-Ausgabewelle mit beträchtlichem Volumen bereichert derzeit das Angebot am Markt.
Ein kleiner Überblick der Emissionen
BMW bietet laufende Schuldscheine von vier Jahren mit Zinssätzen von 0,125 % (ISIN: XS1548436556) sowie siebenjährige Papiere mit 0,75 % (XS1548436473) an. Die spanische Telefonica lockt mit 1,53-%-Kupons (XS1550951211). Auf den USD lautend, schielen Akteure auf fünfjährige Titel der Deutschen Telekom zu 2,82 % (USN27915AQ54).
Ebenfalls hoffen BASF (2,5 %, XS1551001768) und Nestle (2,375 %, XS1550117342), ihre Verbindlichkeiten zu günstigeren Währungsrelationen bis 2022 in der Leitwährung abtragen zu können.
Michelin saugt bei gleicher Laufzeit in der US-Valuta gar mit zinsenlosen Ausschüttungen Kapital auf (FR0013230745).
Allianz-Papiere (DE000A2DAH-N6) ziehen Investoren für eine zeitliche Dehnung bis zum Jahr 2047 mit knapp 3,1 % Ertrag an. Der französische Autozulieferer Valeo (FR0013 230943) verspricht in diesem Segment 0,375 % bis 2023. Daimler füllt die Kasse mit mehreren Neuauflagen mit mehr als 3,5 Mrd€ auf.
Vorsicht bei Pfund-Bonds
Als relativ „heiß“ sind dabei die Daimler-Bonds zu sehen, die im britischen Pfund aufgelegt wurden (XS1550144072) und mit einem Kupon von 1,5 % ausgestattet sind – eine Spekulation, die für Anleger geeignet erscheint, die an keine nachhaltigen Folgen für die britische Wirtschaft durch einen Brexit glauben. Denn die immer noch geschwächte, älteste Währung hätte in diesem Szenario das Potenzial, satte Währungsgewinne zurückfließen zu lassen.
Zeichner als mögliche Verlierer?
Ein Trendbruch der Wirtschaftsdynamik der Vereinigten Staaten könnte eine eingeleitete Zinswende noch revidieren. Vieles deutet aber nun langfristig auf ein allmähliches Einschwenken in Richtung strafferer Strukturen an der Zinsfront und somit an ein Ende der extrem günstigen Finanzierungsbedingungen hin. Die Arbeitslosendaten über dem Atlantik (4,7 %) können grob bereits als „Vollbeschäftigung“ angesehen werden. Ein Lohndruck ist vorhanden. Die Gehälter zum letzten Monat des Jahres wurden annualisiert um 4,8 % „angetrieben“. Die Rendite der 10-Year-US-Notes hob sich jüngst deutlich vom Tiefststand ab und steht bei 2,4 %.
Historisch gesehen schlug die Zinsentwicklung in Europa stets am Bondmarkt durch – selbst ohne
direkten Eingriff der hiesigen Notenbanken in das Leitzinsgefüge. Deutschland, das ökonomische Zugpferd der Währungsunion, wies zuletzt ebenso eine überraschend hohe Dezember-Inflationsrate von 1,7 % zum Vorjahr auf – also auch hier Indikatoren, die einen Richtungswechsel anzeigen, obwohl die Kernrate (ohne Energie und Lebensmittel) deutlich darunter liegt. Es gesellte sich aber während dieser Periode in unserem Nachbarland eine BIP-Beschleunigung von 1,9 % hinzu.
Guter Zeitpunkt für Einstieg?
Aufgrund des höheren Risikoprofils am Unternehmensfinanzierungssektor reagiert der Markt bei anziehenden Zinskonditionen oft empfindlicher als bei öffentlichen Anleihen. Die Emissionen erheblicher Bond-Tranchen zur voraussehenden „optimalen“ Liquiditätseindeckung der Global Player markieren womöglich keinen guten Einstiegszeitpunkt für Anleger.
Autor: Michael Kordovsky (redaktion@boersen-kurier.at)